Future Skills: Die Kunst des Loslassens für eine erfolgreiche Zukunft

Jetzt bloß nicht ins Wasser fallen!

Nein, nein, nein! Ich will nicht kentern!

In dem Moment, als ich mich vom Steg abstoße und dem Gewässer ausliefere, erkenne ich: Ich muss den Gedanken loslassen, dass ich gleich ins Wasser falle. Ohne das Vertrauen, dass es schon irgendwie gehen wird, bin ich verloren.

Kürzlich saß ich zum ersten Mal in meinem Leben in einem Skiff. Das Boot ist lang und schmal, mit Streben links und rechts – Ausleger genannt – und im Inneren mit Rollsitz und Stemmbrett ausgestattet. Die Ruder, Skulls genannt, sind sehr viel länger, als ich mir das vorstellt habe.

Die Außenalster sieht im Sonnenlicht traumhaft schön aus – aber irgendwie auch sehr wellig. Kann das gut gehen? Als ich vom Steg abstoße, wackelt das Skiff wie ein Kuhschwanz. Ich bewege die Ruder vor und zurück und rolle irgendwie unbeholfen auf meinem Sitz herum. Und tatsächlich, das Boot bewegt sich. Es braucht ein gutes Gleichgewichtsgefühl, um das Skiff zu beherrschen. Ein schnittiger Rennvierer schießt an mir vorbei. Wieso kippen die nicht um? Nach einigen Minuten bin ich überzeugt, dass darin der Sinn des Ruderns besteht: Irgendwie die Stabilität halten. Nicht umkippen.

Nach und nach werde ich etwas entspannter und beginne, die Welt um mich herum wahrzunehmen. Ein paar Enten schwimmen neben dem Boot – bis auf das ungleichmäßige Platschen meiner Skulls ist es still. Und friedlich. Plötzlich steigt jubelnde Euphorie in mir auf. Ich bin nicht ins Wasser gefallen! Was für ein Erfolg! Jetzt zurück zum Steg.

Beim Aussteigen merke ich, wie schweißnass meine Hände sind vom krampfhaften Umklammern der Skulls. Typischer Anfängerfehler, wie ich später höre. Der Trainer hat es gesagt: Die Skulls sollen nur in den Fingern gehalten werden. Und ich? Umklammere die Skulls, als würde ich versuchen, sie zu Tode zu würgen.

Future Skills für eine Welt im Wandel

Je instabiler der Boden unter den Füßen, desto mehr klammern wir!

Aber … in einer Welt, in der sich die Gegenwart überstürzt und die Frequenz der Veränderungen immer unkalkulierbarer wird, braucht es das Gegenteil: LOSLASSEN. Die Fähigkeit loszulassen – Gelerntes und Altvertrautes wieder beiseite zu legen – wird in einer Welt, die sich in Lichtgeschwindigkeit ändert, zum entscheidenden Erfolgsfaktor. Das Loslassen ist eine echte Future Skill für eine Welt im Umbruch.

Sich darauf einzulassen, fällt nicht leicht.

Wir überschätzen das, was wir haben und verlieren können, und unterschätzen das, was wir gewinnen können. Unsere Intuition sagt uns: „Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach.“ Wir ähneln Klammeräffchen, die Vertrauen und Verhaltenssicherheit aufbauen, indem sie sich an vertraute, aber nicht mehr hilfreiche Denkgewohnheiten, Muster und Routinen klammern.

  • Digitale Notiz- und Dokumentenverwaltung? „Oh nein! Ich vertraue dem guten alten Stift und notiere mir die wichtigsten Sachen in meinem Notizbuch.“ Dass nach dem Meeting oder nach der Konferenz das Notizbuch in die Schublade gepackt wird und die Erkenntnisse damit auf Nimmerwiedersehen verschwinden …. Schwamm drüber.
  • Lehrmethoden für das 21. Jahrhundert? „Aber der Frontalunterricht hat sich doch bewährt!“ Viele Schulen verwenden weiterhin Lehrmethoden, die nicht auf die Bedürfnisse des 21. Jahrhunderts abgestimmt sind, anstatt innovative Ansätze zu nutzen, um die Schüler und Schülerinnen besser auf die Zukunft vorzubereiten.
  • Kontaktlose Zahlungsmöglichkeiten flächendeckend nutzen? Man versuche nur, in einem deutschen Bahnhof sein Gepäck in ein Schließfach zu stellen – und wird feststellen: eine veränderungsresistente Hochburg hartnäckiger Bargeld-Romantik. Und nicht nur dort. „Nur Bares ist Wahres!“ hat hierzulande immer noch viele Fans.
  • Digitale Kommunikation? Wenn ich eine Visitenkarte in die Hand gedrückt bekomme (schon über die Sinnhaftigkeit dieses Stück Papiers kann man trefflich diskutieren), fällt mir auf, wie häufig darauf eine Faxnummer steht. Wozu eigentlich? Ich kann mich nicht erinnern, wann ich zuletzt ein Stück Papier ins Fax gesteckt habe, damit ein weiteres Stück Papier beim Empfänger wieder rauskommt. Das Fax als lebendes Fossil, das zwar bei einigen immer noch als unverzichtbar gilt, aber in den meisten Bereichen längst prähistorischen Wert hat.

FutureSkills: Trainingseinheiten im Loslassen

Es ist erstaunlich, wie fest unser Geist an Dingen klebt, die aus der Zeit gefallen sind, aber trotzdem beibehalten werden, nur weil es schon immer so war. Und weil es uns so schwerfällt, loszulassen. Über die Notwendigkeit des selektiven Vergessens, also Unnötiges, Unbrauchbares von der gedanklichen Festplatte verschwinden zu lassen, habe ich HIER geschrieben.

Der Ökonom John Maynard Keynes hat das Dilemma mal treffend auf den Punkt gebracht: „Die Schwierigkeit liegt nicht so sehr in den neuen Gedanken als in der Befreiung von den alten.“ 

Was also tun?

Auf einen Schlag den Hebel komplett umlegen, das funktioniert eben häufig nicht. Im eigenen Leben SOFORT mit dem Loslassen im großen Stil zu beginnen, kann viele Menschen kolossal überfordern.

Es braucht einen Zwischenschritt.

Meine Empfehlung: Beginne klein!

Um das Loslassen zu trainieren, empfiehlt es sich, zunächst mit den leichteren Gewichten zu beginnen. Wie im Fitnessstudio, wo du auch nicht gleich mit den 15 Kilo Hanteln loslegst, sondern erst einmal mit 2 Kilo Hanteln.

Fange an, all die kleinen Dinge zu bemerken, an denen du festhältst.

Übe dich darin, sie bewusst loszulassen, wenn sie nicht mehr dienlich sind oder einer wichtigen, längst überfälligen Veränderung im Weg stehen.

Daraus erwächst das Vertrauen, dass es geht.

Aus dem Vertrauen erwächst Verhaltenssicherheit.

Aus der Verhaltenssicherheit erwächst der Mut, loszulassen.

Aus dem Mut loszulassen erwächst ein klügerer und agilerer Umgang mit Veränderungen.

Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen wir uns von alten Anhaftungen trennen und uns für neue Denkweisen öffnen.

Und genau darin liegt die wahre Kraft des Loslassens: Es ermöglicht uns, nicht nur Veränderungen zu akzeptieren, sondern sie aktiv zu gestalten. Indem wir uns von alten Mustern und Ängsten befreien, schaffen wir Raum für neue Möglichkeiten und unvorhergesehene Chancen.

Also, wage den ersten Schritt, lass los – und entdecke die Möglichkeiten, die auf dich warten.

 

Du willst keinen Beitrag mehr verpassen?

Dann vernetze dich mit mir auf #LinkedIn

"