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Frank Gehry und deer Mut zur Grobheit

Frank Gehry – Mut zur Grobheit

Was haben die Disney Concert Hall in Los Angeles, der neue Zollhof in Düsseldorf und das Guggenheim Museum in Bilbao gemeinsam? Es sind allesamt bahnbrechende Bauwerke, die eine vierte Dimension in die Architektur einführen: die geronnene Bewegung im Raum. Die Bauten sind auf unschmeichelhafte Weise schön, absolut spektakulär, atemberaubend einzigartig– und wurden entworfen von einem Mann, den viele für den größten Architekten unserer Zeit halten: Frank Gehry.

Spezieller Kreativprozess von Frank Gehry

Was uns an Frank Gehry absolut begeistert, sind nicht nur seine eigentümlich gewellten und gefalteten Bauwerke, sondern auch die Art und Weise, wie er sie entstehen lässt. Denn mit seinem speziellen Kreativprozess schafft er es, bei jedem Auftrag aufs Neue die Grenzen der Vorstellungskraft und des Machbaren zu verschieben. Wie macht er das?

Zunächst mal bringt er wilde Kritzeleien zu Papier, denen man zuerst nicht einmal ansieht, dass es sich um Skizzen eines Gebäudes handelt. Wenn man aber die merkwürdig geschwungenen Stricheleien der ersten Stunde später neben das fertige Gebäude hält, ist man völlig verblüfft, denn der eigentliche Charakter des Bauwerks ist von Anfang an in der ersten Skizze enthalten. Unglaublich!

That‘s it!

Dann fertigt er mit seinem Team eine Vielzahl von Modellen an. Aber nicht diese nahezu perfekten Modelle, wie sie Architekturstudenten als Qualifizierungsarbeit in vielen Stunden präziser Maßarbeit in allen Details anfertigen. Nein, bei Gehry wird wild geklebt, geschnipselt, zerknüllt, gerissen und verdreht, Holzklötzchen, Papier, Metallfolie und Plastikteilchen werden in Minutenschnelle solange zusammengesteckt und -gedrückt und wieder neu verbunden, bis der Meister „That‘s it!“ ruft.

Und dann?

Dann wird alles wieder auseinandergerissen und neu gemacht, vielleicht in einem anderen Maßstab, mit anderen Materialien.

Immer wieder aufs Neue wird gebastelt und gebaut.
Alles bleibt roh, alles bleibt im Fluss.

Was das Ganze soll?

Nicht zu früh in eine Idee verlieben

„Wenn du eine Idee zu früh festhältst, verliebst du dich in sie. Wenn du das Modell zu früh verfeinerst, dann bleibst du an ihm hängen und dann fällt dir nichts mehr Neues ein. Die Grobheit der Modelle ist beabsichtigt“, sagt Jim Glymph, ein Architekt aus dem Gehry-Team (Video 2:28). Außerdem hilft diese Arbeitsweise Gehry und seinem Team, sich daran zu erinnern, dass sie nicht an Modellen arbeiten, sondern an dem einen realen Gebäude, das entstehen soll.

Erst wenn das Haus wirklich fertig entworfen ist – und wann das ist, weiß nur Gehry selbst – wird es mit einem aufwändigen 3D-Scan vom Modell in den Computer überführt. Was dann folgt, ist nur noch Bauingenieurwesen. Zuvor, bei der eigentlichen Kreativarbeit, hat der Computer in Gehrys Atelier nichts verloren.

Hier lässt sich eine Menge fürs alltägliche Business lernen!

Geht nicht zu früh in die Details

Anstatt viel zu früh in die Details zu gehen und eine der erstbesten Ideen bereits auszuarbeiten, damit man sie sauber präsentieren kann, sollten wir zunächst viel mehr herumspielen und ausprobieren. Wir sollten viel mehr und unterschiedlichere Grobentwürfe machen, ohne sie gleich zu verfeinern. Das gilt für Werbeaktionen genauso wie für die Produktentwicklung und zig andere Anwendungsfelder. Erst das bringt die Diskussion auf Über-Tellerrand-Niveau: Was wäre, wenn wir A mit B verknüpfen, C weglassen und etwas von D dazunehmen? Komm, lass uns mal das Ganze doppelt so groß anlegen. Wie ginge das mit Kunststoff statt Metall? Kombinier es mal! Lass uns komplett auf X und Y verzichten, lass mal sehen, wie Z alleine aussieht!

Na klar, jeder liebt detaillierte Pläne. Vor allem der Chef und der Kunde. Das ist verständlich.

ABER: Immer wenn es darum geht, Neues in die Welt zu bringen, sträubt euch gegen ein zu frühes Festlegen!

– Vermeidet es, zu früh zu quantifizieren!
– Wehrt euch dagegen, zu früh nach dem Return on Investment oder der Machbarkeit zu fragen!
– Haltet es aus, dass eine grobe Idee noch nicht verwertbar ist!
– Geht zum Kunden oder ins Meeting mit drei oder vier groben Entwürfen, statt mit dem einem einzigen perfekt ausgefeilten Entwurf!

Habt Mut zur Grobheit!