Rebels at Work - 4 Lektionen

Rebels at Work: 4 Lektionen

„Alles sehr interessant, was Sie gesagt haben.“
„Aber mal ehrlich. Wer will schon Rebellen in den eigenen Reihen?
Die sind Störfaktoren und bringen alles durcheinander.“

Diese Haltung einer Zuhörerin, die mich nach meiner Keynote in Wien ansprach, begegnet mir immer mal wieder. Und ja, ich verstehe das … ein bisschen zumindest.

Rebels at Work sind unbequem, sie stellen althergebrachte Regeln und Überzeugungen infrage. Sie erzeugen damit Kontroversen und stören die heilige Ordnung.

Aber Rebels at Work sind eben auch Katalysatoren für Weiterentwicklung. Und das geht nicht ohne Reibung. Das geht nur mit mutigen Systemstörern, die mit ihren Ideen die nötige Sprengkraft entwickeln, um ein intelligentes, aber rigide gewordenes System aus der Beharrungsstarre zu holen. Deshalb sind solche internen Weiterdenker weder Sonderfall noch lästige Störung, sondern vielmehr wichtige Geburtshelfer des Neuen.

ABER: Wenn du Karriere machen willst, kann genau das zum Problem werden.

Wer den Status quo häufig hinterfragt und mit neuen Ideen aufwartet, muss sich auf Gegenwind gefasst machen. Was also tun? Gehst du auf Nummer sicher und malst brav innerhalb der vorgegebenen Linien – oder kultivierst du kritisches Denken und provokative Kompetenz?

Das Geheimnis: Es gibt einen Weg, sich im System zu behaupten und dennoch den eigenen kritischen Geist zu bewahren.

Hier sind meine vier Lektionen für alle erfolgreichen Rebellen am Arbeitsplatz:

1. Rebels at Work entwickeln eine überzeugende Geschichte mit lebendigen Bildern

Ein Beispiel für einen erfolgreichen Rebellen, der in einem Traditionsunternehmen mit seiner Idee für sehr viel Sprengkraft gesorgt hat, kommt aus Ungarn. Sein Name: Krisztian Kurtisz.

Nach zwei Jahrzehnten im Versicherungsbusiness beim österreichischen Uniqa Konzern war er als Manager für das Ungarngeschäft verantwortlich. Kurtisz sah das Potenzial, einen völlig neuen Versicherungsdienst zu schaffen, der auf den Prinzipien des Musikdienstes Spotify basiert. Er schlug ein radikal neues Geschäftsmodell vor, von dem sein CEO sagte, es würde einen Sprengsatz unter das angestammte Geschäftsmodell des Konzerns legen.

Wie aber gelingt es, Verständnis in der Organisation für eine solch radikale Idee zu gewinnen?

Alles begann mit einem sehr starken Bild. Kurtisz eröffnete seinen Pitch mit einer Folie, die es in sich hatte: Darauf war ein großes und dicht bevölkertes Bürogebäude zu sehen – dem gegenüber stellte er ein Bild mit zwei Personen, die er in seinem neuen Callcenter einstellen wollte. Die Botschaft: Das alte Modell ist nicht nur teuer, es ist auch extrem angreifbar. Stichwort: Digitale Disruption.

In anderen Worten: Das Festmahl der Disruptoren findet auf jeden Fall statt. Offen ist nur, ob wir als Konzern mit am Tisch sitzen oder nur den Braten für andere abgeben.

2. Rebels at Work suchen sich Verbündete

Es ist kein Geheimnis, dass Veränderer Verbündete brauchen. Niemand rollt dir den roten Teppich aus mit den Worten: „Danke für deine Idee, einen Sprengsatz unter das alte Geschäftsmodell zu legen. Darauf haben wir schon seit Jahren gewartet.“

Krisztian Kurtisz musste zunächst ein Netzwerk von Verbündeten um sich herum aufbauen. Fürsprecher und Unterstützer, die bereit waren, Ressourcen einzubringen, um ihm beim Platzieren seiner Idee zu helfen und die Entscheider vom Wert seines Vorhabens zu überzeugen.

Es ist klug, Zeit in den Aufbau eines Unterstützernetzwerks zu investieren, denn Einzelkämpfer sind leicht zu marginalisieren. Hinzu kommt, dass ein Team von Verbündeten stärker, sichtbarer und auch ermutigender für die eigene Moral ist. Wer Mitstreiter hat, steckt potenzielle Rückschläge besser weg.

Kurtisz, der heute bei der Uniqa als Head of Alternative Digital Business Models und CEO der Online-Versicherungsmarke CHERRISK tätig ist, gelang es so, im Board des Versicherers Unterstützung zu gewinnen. Uniqa war bereit, eine duale Strategie zu verfolgen. Und Kurtisz bekam sowohl die nötige Rückendeckung als auch die Ressourcen, um das neue, digitale Geschäft ins Laufen zu bringen.

3. Rebels at Work gehen zu den richtigen Leuten

Die spannende Frage ist: Wo finde ich die richtigen Mitstreiter?

Der Gedanke ist naheliegend, sich an die Menschen zu wenden, die ähnliche Ideen haben und ähnliche Ziele verfolgen. Adam Grant, Psychologie-Professor an der Wharton School der University of Pennsylvania, hat über dieses Thema ein ganzes Buch geschrieben: „Geben und Nehmen“.

Grant unterscheidet zwischen zwei Persönlichkeitstypen, den Gebenden und den Nehmenden.

Geber sind Menschen, die von Natur aus großzügig sind, ihr Wissen weitergeben und andere Menschen unterstützen. Sie fragen: „Wie kann ich weiterhelfen?“

Nehmer stellen eine andere Frage in den Mittelpunkt, nämlich „Was bringt es mir?“ Solche Typen heben immer dann die Hand, wenn sie glauben, dass ein Projekt ihnen die Chance gibt, den eigenen Stern heller strahlen zu lassen. Bei gemeinsamen Erfolgen geht es ihnen vor allem darum, den Löwenanteil der Anerkennung einzuheimsen.

An wen wendest du dich also auf der Suche nach Verbündeten?

Na klar, natürlich an einen Geber und nicht an einen Nehmer! Wer hat schon Lust darauf, die eigene Idee kapern zu lassen, damit der Stern des Nehmers heller strahlt? Oder sich die Idee schlecht reden zu lassen, damit sie den Status des Nehmers nicht gefährden kann?

4. Rebels at Work schauen genau hin

Nicht so schnell, warnt Adam Grant und bringt noch ein anderes Persönlichkeitsmerkmal beziehungsweise ein Merkmalspaar ins Spiel. Er nennt es „Agreeable“ und „Disagreeable“ – also „Angenehm“ und „Unangenehm“.

Angenehme Menschen empfinden wir als zugewandt, freundlich, einladend und unterstützend. Unangenehme Menschen als sehr kritisch, herausfordernd und provokant. Die Versuchung ist groß, angenehme Menschen schnell in die Schublade des Gebers zu stecken und die unangenehmen Zeitgenossen als Nehmer zu klassifizieren.

Grant sagt: Ein freundliches Auftreten beziehungsweise ein sehr kritisches Auftreten sind zwei Facetten der äußeren Fassade.

Geben und Nehmen hingegen sind innere Motive. Wer einen Menschen wirklich genau beurteilen will, kommt also nicht umhin, genauer hinzuschauen – und zwar zweidimensional.

Adam Grant Geber Nehmer Angenehme Unangenehme Disagreeable Agreeable

  • ANGENEHME GEBER sind leicht zu erkennen. Sie sagen zu jeder Bitte „Ja“. Sie machen die sprichwörtliche Rolle rückwärts, um anderen Menschen einen Gefallen zu tun. Damit laufen sie aber auch Gefahr, ausgenutzt zu werden.
  • ANGENEHME NEHMER sind ebenfalls leicht zu erkennen. Sie verfolgen mit einem freundlichen Lächeln den Leitsatz: „Frag dich nicht, was du für deine Kollegen oder deinen Chef tun kannst, sondern frag dich, was deine Kollegen oder dein Chef für dich tun können.“
  • UNANGENEHME NEHMER sind natürlich noch einfacher zu erkennen. Sie leben den Leitsatz der angenehmen Nehmer – sind aber der Überzeugung, dass es dafür kein freundliches Lächeln braucht, sondern dass ihnen das ganz einfach zusteht.

Die vierte Kombination ist die interessanteste und die, die am häufigsten übersehen wird:

  • UNANGENEHME GEBER. Das sind Typen, die oberflächlich betrachtet schroff und kritisch sind, im tiefen Inneren aber das Wohl anderer im Sinn haben.

Unangenehme Geber spielen häufig eine unterbewertete Rolle in unserem Leben. Sie sind diejenigen, die uns kritisches Feedback geben. Feedback, das wir nicht gerne hören wollen, definitiv aber hören sollten. Sie sind nicht sofort Feuer und Flamme, sondern hinterfragen unser Vorgehen, unsere Ideen.

Natürlich ist es einfacher, für Unterstützung bei angenehmen Gebern zu werben als bei unangenehmen Gebern. Die Problematik liegt allerdings darin, dass die angenehmen Geber oftmals auch diejenigen sind, die jeglicher Konfrontation aus dem Weg gehen.

Wenn es also darum geht, deine Idee gegen Angriffe zu verteidigen, ducken sich die angenehmen Geber schnell mal weg. Sie haben deine Idee dir gegenüber zwar gelobt, zucken aber mit den Schultern, wenn sie von den Beharrungskräften der Organisation langsam zermalmt wird.

Unangenehme Geber sind hingegen nicht konfliktscheu. Das spürst du am eigenen Leib, wenn sie bei deiner Präsentation nicht davor zurückschrecken, deine Inhalte auseinanderzunehmen. Allerdings geht es ihnen nicht darum, deine Idee kaputtzumachen. Sie wollen sie nur tiefer durchdringen und letztlich auch besser machen.

Unangenehme Geber sind von Natur aus kritisch und auch nicht ganz so schnell zu begeistern. Aber wenn sie Feuer gefangen haben, werden sie für deine Idee einstehen und dir helfen, sie voranzutreiben.

 

 

Veränderer, Andersdenker, Rebels at Work haben nicht immer Erfolg. Insbesondere große und alteingesessene Organisationen können ein herausforderndes Terrain sein. Trotzdem möchte ich dich auch mit unserer Rebel Community ermutigen und unterstützen, verkrustete Strukturen aufzubrechen.

Nicht, weil es einfach ist. Sondern weil es wert ist, getan zu werden.

Diese vier Lektionen werden mit Sicherheit ein weiterer Mosaikstein auf deinem Weg sein.

Mein Vorschlag: Wie wäre es, wenn du damit beginnst, deine wichtigsten Bezugspersonen der obigen Matrix zuzuordnen?