„Wenn Sie kündigen, erhalten Sie 2000 Franken. Jetzt sofort. Ohne Weiteres. Wollen Sie gehen oder bleiben?“
„Äh …“
Diese Frage würde dich vermutlich verblüffen, wenn du gerade die Probezeit bestanden hast.
Ist das jetzt eine Unverschämtheit?
Wollen die dich loswerden?
Oder ist das bei näherem Hinsehen ein erstaunlich cleveres Angebot?
Schweizer Getränkekette auf der Suche nach echter Loyalität
Die Schweizer Getränkekette Drinks of the World macht genau das: Neuen Mitarbeitern offeriert das Unternehmen einen Bonus, wenn diese gleich wieder gehen. Wer die Probezeit bestanden hat, erhält bei einem zweiten Anstellungsgespräch ein entsprechendes Angebot, sagt Firmenchef Stefan Müller: „Wenn der Mitarbeiter bleibt, muss er auf die Abgangsentschädigung verzichten.“
Und genau darum geht es: Das Unternehmen ist auf der Suche nach Loyalität. Nach echter Loyalität. Bleiben sollen nur die Mitarbeiter, die bereit sind, auf einen vierstelligen Betrag zu verzichten, um weiter arbeiten zu dürfen.
Das ist schlau!
Natürlich bringt sich das Unternehmen mit dieser Aktion auch ins Gespräch. Nicht nur bei potenziellen Bewerbern, sondern auch in der Presse. Aber abgesehen davon steckt noch mehr dahinter. Zwei Aspekte haben mich an dieser Idee fasziniert:
Erstens pickt sich Drinks of the World auf diese Weise die Mitarbeiter heraus, die sich bewusst für das Unternehmen entscheiden. Und sortiert diejenigen aus, die sich beworben haben, weil sie irgendeinen Job gesucht haben. 2000 Franken abzulehnen – das ist ein sehr bewusster Schritt, den jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter zum Ende der Probezeit für sich treffen muss. Eine griffige Methode, um die Bloß-irgendein-Job-Typen ohne Stress loszuwerden.
Zweitens macht die Abgangsentschädigung eines deutlich: Mitarbeiterbindung gibt es nicht! Und das ist auch gut so. Denn „binden“ bedeutet „fesseln“. Stattdessen möchte Drinks of the World ausdrückliche Freiwilligkeit. Keine 10-Jahre-Zugehörigkeit-Belobigungs-Kugelschreiber, keine Du-bist-uns-so-wertvoll-von-der-Lehre-bis-zur-Rente-Rhetorik. Dafür lieber Freiheit, Ehrlichkeit und Entschiedenheit.
Loyalität durch Freiheit
Menschen sind frei. Und Mitarbeiter sind Menschen. Nach einfacher Dreisatzlogik sind darum Mitarbeiter frei. Und nur, wenn ihr euren Mitarbeitern die Freiheit lasst, bleiben sie freiwillig bei euch! Vielleicht. Und wenn nicht, dann gehen sie. Und das ist besser, als wenn sie aus den falschen Gründen bleiben würden.
Oder wollt ihr lieber mit den Übriggebliebenen arbeiten? Mit denen, die woanders nicht unterkommen, weil sie sonst niemand will?
Mit anderen Worten:
Die besten Mitarbeiter sind die, die bleiben, weil sie wollen – aber nicht müssen. Finde also heraus, welche das sind! Zum Beispiel, indem alle anderen fürs Kündigen belohnt werden …