Unser Buch Alphabet des selbstbestimmten Lebens entsprang der Idee, mal was ganz Neues auszuprobieren. Wir wollten wissen: Brauchen wir einen Verlag? Brauchen wir den klassischen Buchhandel? Könnten wir ganz anders mit Layout und Illustrationen umgehen? Müssen die einzelnen Texte lang sein oder gibt es für uns auch passende kurze Formate? Alles in Allem: Kann das Publizieren für uns nicht auch ganz anders funktionieren? … Mal sehen!
Das Experiment läuft. Und vor ein paar Tagen haben wir beim Abendessen einem Freund davon erzählt. Was heißt erzählt … wir haben gejammert!
Nichts ist glatt gelaufen! Kurz nachdem die Druckdaten fertig waren, ging die Druckerei pleite. Die neue Druckerei, die wir kurzfristig aufgetrieben hatten, hing hinter dem Zeitplan her. Dann wurden die halbfertigen Bücher auch noch in die falsche Buchbinderei geliefert. Wir konnten dadurch den angekündigten Auslieferungstermin nicht mehr halten. Dann stellten wir fest, dass der Buchbinder nicht sauber gearbeitet hat: Bei einem Teil der Bücher schlug der Buchdeckel innen Blasen. Dann sollte das Buch endlich lieferbar sein, aber in allen Buchläden hieß es „nicht lieferbar“, was nicht gerade verkaufsfördernd ist. Wie sich herausstellte, waren die Bücher beim Großhändler aus irgendeinem Grund irgendwo im Lager gestrandet und noch nicht einsortiert und erfasst, also tatsächlich nicht lieferbar.
Jammer! Beschwer! Ärger!
Unser Freund, der ein Naturwissenschaftler und begnadeter Forscher ist, hörte sich das alles ruhig an. Aber dann eröffnete er uns seine Sicht auf unser Experiment: Aus seiner Perspektive ist unser Experiment bestens verlaufen.
„Wie jetzt? Bestens? Im Ernst?“
„Aber ja, was genau ist denn euer Problem? Warum jammert ihr denn? Ihr habt doch gerade gesagt, dass es ein Experiment ist. Also schaut es auch an wie ein Experiment!“
Und so bekamen wir beim Essen eine gründliche Lektion darüber, wie Wissenschaftler mit Fehlschlägen umgehen und was wir davon lernen können: Wenn Wissenschaftler ein Experiment durchführen, dann können alle möglichen Dinge passieren. Manche Ergebnisse stützen die Hypothese, manche widerlegen sie. Und manchmal kommt überhaupt kein Ergebnis raus, was auch schon wieder ein Ergebnis ist. Jedes Ergebnis ist ein Stück Information, das schlussendlich zu einer Antwort auf die Ausgangsfrage führt.
Das ist interessant, weil es so ganz anders ist als unsere übliche Sicht auf Experimente. Fehlschläge werden in der Wirtschaft oftmals synonym mit einem persönlichem Versagen gesehen: „Das hättest du doch wissen müssen!“ „Warum hast du nicht bedacht, dass…?“ usw.
Für einen Wissenschaftler aber ist ein fehlgeschlagenes Experiment kein Beweis dafür, dass er ein schlechter Wissenschaftler ist. Im Gegenteil! Herauszufinden, dass eine Hypothese falsch ist, ist mindestens so wertvoll, wie herauszufinden, dass sie richtig ist.
Also: Denke öfter wie ein Wissenschaftler!
Fehlschläge sind einfach nur Informationen, die dir helfen, die richtige Antwort zu finden.
Fehlschläge sind immer der Begleiter von Wachstum, Erkenntnis und Entwicklung.
Ein missglückter Versuch hat nichts mit uns als Person zu tun. Ein fehlgeschlagenes Experiment, das sind nicht wir. Aber auch: Ein geglücktes Experiment, das sind ebenfalls nicht wir! Das alles sind Informationen, die uns helfen zu wachsen, besser zu werden und für das nächste Experiment besser gerüstet zu sein.
P.S.: Unser Buch im Eigenverlag war wenige Wochen nach dem Abendessen im Handel. Nach wenigen Monaten konnten wir bereits die zweite Auflage nachdrucken. Nach 12 Monaten haben wir dann die Lizenz an den Kösel Verlag/ Randomhouse verkauft, die das Buch aktuell in einer neuen Gestaltung herausgeben.