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Kill a stupid rule!

In meiner Diskussion mit dem Führungsteam eines großen Herstellers für Industrie- und Gebäudetechnik fiel dieses Wort. Ein sehr kluges Wort!

Plötzlich war Stille.

Ich konnte den versammelten Gehirnen sozusagen bei der Arbeit zusehen.

Das gesamte Führungsteam dachte nach.

Dann kam die konkrete Frage.

Die Antwort der Führungskräfte unter allseitigem Nicken: Etwa sieben bis acht.

So hoch!

Ab diesem Moment waren alle im Raum hellwach, allen war klar, wo sie ansetzen konnten, ja, mussten.

Vorsicht, hochgiftig!

Du findest, ich schreibe in Rätseln … gut, lösen wir das Rätsel gleich auf!

Das kluge Wort: VERREGELUNGSGRAD

Die Frage, um die es ging: Wie hoch schätzen ihr den Verregelungsgrad in eurem Unternehmen ein – auf einer Skala von 1 bis 10?

1 bedeutet dabei extrem große Freiräume mit nur sehr wenig Verregelung.
10 bedeutet totale Regulierung aller Bereiche.

Geringe Verregelung sorgt für Selberdenken, Selbstorganisation, unternehmerische Entscheidungen aus dem Team, Innovation, Kreativität, Querdenken, Geschwindigkeit.

Starke Verregelung sorgt dafür, dass die Organisation eher früher als später als Dinosaurier aus dem Wettbewerb ausscheidet.

Eine Demütigung aller Mitarbeitenden

Wie hoch ist der Verregelungsgrad eigentlich in deiner Firma? Auf einer Skala von 1-10?

Warum die Frage nach dem Verregelungsgrad?

In vielen Organisationen besteht der ausgeprägte Hang, alles bis ins letzte Detail zu regeln. Jede kleinste Kontrolllücke wird sorgsam vermieden, um sicherzustellen, dass alles konform zu den Vorgaben und Vorschriften läuft. Das mag der Führungscrew das beruhigende Wissen geben, alles „unter Kontrolle“ zu haben, aber es hat eine toxische Wirkung.

Dahinter steht nämlich die unausgesprochene Unterstellung, dass Mitarbeitende alles, was nicht geregelt ist, sofort und hemmungslos zu ihren Gunsten auslegen würden.

Das ist ein Misstrauensvotum und eine Demütigung aller Mitarbeiter, die mit Initiative, Kreativität und Leidenschaft an der Zukunft des Unternehmens arbeiten wollen.

Klingt hart – und ist es auch.

Kundenablenkungsbürokratie – sonst nichts

Was mindestens ebenso problematisch ist: Eine hohe Verregelungsdichte ist auch eine Form der Kundenablenkungsbürokratie. Mitarbeitende beschäftigen sich dann nicht mit dem Kunden, sondern voller Hingabe mit dem Erfüllen der Regeln.

Oder anders gesagt: Die Organisation kreist um sich selbst. Bürokratismus, Projekte ohne direkten Kundenbezug, Meeting-Manie, CC-Wahn bei den Mails, Dokumentations- und Berichtsirrsinn, der unglaublich viel Zeit frisst und keinerlei Beitrag zur Wertschöpfung liefert, Cover-your-ass-Mentalität, Verantwortungsabschieberei.

Alles in allem: Der gelebte Wahnsinn!

Ein weiteres Problem bei verregelungsintensiven Kulturen ist ihre Selbsterhaltungs- und Expansionstendenz: Es kommen automatisch zu den ohnehin schon zu vielen und zu detaillierten Regeln immer neue Regelungsmechanismen hinzu. Regeln gebären Regeln. Und nur ganz selten sagt jemand: „Das brauchen wir nicht! Schaffen wir doch diese Regel ab!“

Viele Unternehmen sind unschöne Beispiele dafür. Bürokratie erzeugt Bürokratie, um sich am Leben zu erhalten. Es geht bei allen Diskussionen immer nur um neue, zusätzliche Regelungen, Vorschriften und Vorgaben. Oder hast du schon mal eine Diskussion erlebt, in der es darum ging, Regeln zu streichen?

Deshalb ist diese Frage von elementarer Bedeutung: Was kann radikal vereinfacht und abgeschafft werden? Das ist der Weg, um die Dauerschleife des Um-sich-selbst-Kreisens zu durchbrechen.

Aufatmen: Kill a stupid rule!

Du brauchst eine Machete, um die erste Schneise in den Verregelungsdschungel zu schlagen. Eine solche Machete heißt: KILL A STUPID RULE!

Diese Übung ist Ideenentwicklung andersherum. Nicht: Was können wir noch zusätzlich machen? Sondern das Gegenteil: Was machen wir nicht mehr? Womit ist ab sofort Schluss?

Du kannst das mit dem ganzen Unternehmen oder mit einer Abteilung oder einfach nur mit deinem Team machen. Die Frage an alle Beteiligten lautet: Wenn du all die dummen Regeln killen oder ändern könntest, die deine Arbeit behindern oder der Wertschöpfung für deine Kunden im Weg stehen, welche wären das?

Diese Frage öffnet eine Schleuse: Den Teilnehmern fallen so viele Dinge ein – redundante Prozesse, überflüssige Regeln, sinnlose Formulare, die auszufüllen sind, unnötige Berichte und so weiter und so fort.

Kill a stupid rule: Drei Schritte

Mein Tipp: Wenn du diese Frage stellst, lasst es dann einfach laufen. Gib den Leuten Zeit, aber erinnert sie daran, dass es nicht darum geht, externe Gesetze und Verordnungen zu identifizieren, die einfach nicht zu verändern sind, sondern explizit um Hausregeln.

Wenn die „Stupid Rules“ aufgelistet sind, werden im ersten Schritt die Top 5 der blödesten, überflüssigsten, unnötigsten, ärgerlichsten Hausregeln markiert, die alle am meisten nerven. Dann empfehle ich dir, eine Matrix darüberzulegen: Eine Achse sollte die Implementierung darstellen (von einfach bis zu kompliziert) und die andere die Auswirkung, also den Effekt (von niedrig bis zu hoch), den das Killen dieser Regel hätte. Und dann starte mit den Regeln im Quadranten oben rechts, also allen Regeln, die einfach abzuschaffen wären und eine hohe positive Wirkung davon zu erwarten wäre.

Und dann geht es an!

Belebend und motivierend

KILL A STUPID RULE! – Diese Übung wirkt belebend und motivierend. Ist ja auch logisch: Selber daran mitwirken zu können, dass die Hindernisse und Beschwerlichkeiten der täglichen Arbeit verschwinden und alles, was keinen Wert für den Kunden schafft, abgeschüttelt wird, ist nicht mehr und nicht weniger als eine Befreiung.

Die Menschen in der Organisation werden aufatmen. Und die Kunden auch.