Es war einmal ein Mann/eine Frau, die hatte einen großen Traum. – Also setzte er/sie alle Hebel in Bewegung, überwand zahllose Hindernisse einschließlich sämtlicher innerer und äußerer Schweinehunde, verfolgte nimmermüde tagtäglich sein großes Ziel, verblüffte Freund und Feind und schaffte schließlich, was noch keiner vor ihm/ihr geschafft hatte.
Dream big. Work hard. Blabla.
Ja, ja…
Solche Heldengeschichte gibt es.
Es kann so funktionieren, durchaus:
DREAM big. WORK hard. BELIEVE in yourself. SUCCEED!
Aber: In dem meisten Fällen laufen auch die spektakulärsten Erfolgsgeschichten bei näherem Hinsehen ganz anders, mehr im Sinne von: Keep an open mind. Look for opportunities. Act on them!
Das wirkliche Geheimnis? Wachsam bleiben!
Zugegeben, wachsam bleiben und gut reagieren, das ist nicht mal annähernd so spektakulär und beeindruckend und taugt ganz bestimmt nicht zur Heldenverehrung. Aber unter uns: Diese wache und nüchterne Geisteshaltung ist uns SEHR sympathisch! Vor allem weil sie viel sicherer zum Ziel führt als bunte Träume, feierliche Wünsche und eiserne Willenskraft.
Und trotzdem kann man auf diese Weise Großartiges leisten: Wie das, was der schwedische Unternehmer Yngve Berqvist in Jukkasjärvi geleistet hat, einem Fleckchen 200 km nördlich vom Polarkreis – er eröffnete dort allen Ernstes ein Hotel.
Ziemlich merkwürdige Idee, könnte man mit Blick auf den Standort meinen. Aber Berqvist nutzte die Chance, die ihm das frostige Klima bot: Er flog japanische Künstler ein, die Eisskulpturen gestalteten. Er veranstaltete damit eine Eisausstellung in Jukkasjärvi und siehe da, die Resonanz war gut. Also wiederholte er die Eisausstellung und erweiterte sie, indem er dafür ein Gebäude aus Schnee bauen ließ. Die Resonanz wurde sogar noch besser.
Das erste Eishotel
Im Jahr darauf baute Berqvist dann nicht nur einen Ausstellungsraum aus Eis und Schnee, sondern dazu noch eine Eisbar und eine Filmleinwand aus Schnee. Das gefiel den Gästen so gut, dass sie nachts spontan ihre Schlafsäcke ausrollten und in dem Eisgebäude übernachteten. Also erbaute Berqvist für das nächste Jahr zusätzlich eine Empfangshalle und echte Schlafräume – das erste Eishotel war erfunden. Und war sofort ein Renner. Heute können jedes Jahr von Dezember bis April in rund 60 Räumen aus 35.000 Tonnen Schnee und Eis 140 Personen übernachten. Eine geniale Idee – aber eben keine, mit der ein Held eines Morgens aufgewacht ist.
Ganz im Gegenteil. Es dauerte Jahre, bis sich die Idee von selbst formte, weil Yngve Berqvist sich schrittweise auf Sicht vorangetastet hat, immer mit dem Blick auf die Bedürfnisse und das Verhalten seiner Kunden.
Das ist die große Kunst des „Sense & Response“ – ganz ohne den großen Plan. Dass es diesen großen Plan ohnehin fast nie gibt, oder es jedenfalls immer anders läuft als geplant, kann ja unter uns bleiben…