Alles ist in Balance: das Leben, die Verdauung, der Joghurt, die Beziehung und sogar der Kaffee! Alles macht Balance: Balance-Yoga, Balance-Workshops, Balance-Wochenenden. Alles empfiehlt Balance: Frauenmagazine, Männermagazine, 2800 Bücher. Minimum.
Balance geht uns mächtig auf den Keks. Nicht nur weil es ein Modewort ist, das in seinem Gebrauch völlig aus der Balance geraten ist, sondern weil dahinter eine ziemlich fiese Botschaft steht: Ja, du kannst alles haben! Ja, du kannst alles schaffen! – Du musst eben nur die richtige Balance finden!
Finde deine Balance
Mit der richtigen Balance schaffst du alles: Karriere machen, Großfamilie managen, Alltag organisieren, Vorstand bescheidstoßen, Marathon-Bestzeit laufen, Kate-Moss-Figur haben – kein Problem, oder? Und wenn nicht? Na, dann musst du dich eben noch mehr anstrengen! Finde deine Balance!
Aber genau das mit der Balance bringt uns aus dem Gleichgewicht: Es ist nämlich nicht zu schaffen! Es gibt keine perfekte Lösung. Du kannst nicht alles auf einmal haben. – In Wahrheit besteht das Leben fortwährend aus Entscheidungen. Und das heißt, wir müssen wählen: dies ODER jenes? Und nicht dies UND auch noch jenes! Jede Entscheidung beinhaltet ein Ja und unter Umständen viele Neins. Und das ist alles, nur keine Balance!
Entscheide dich!
Doch das Leben sieht anders aus … Wir müssen entscheiden und dann die Konsequenzen dieser Entscheidungen tragen. Kein Trick und kein Balance-Gelaber kann uns davor bewahren, dass wir am Ende für alle Auswirkungen unserer Entscheidungen verantwortlich sind.
Wenn ich für einen Marathon trainiere, dann habe ich weniger Zeit für Freunde oder den Partner oder die Kinder. Das ist so. Punkt. Oder umgekehrt: Wenn ich mir mehr Zeit nehme für die Kinder, dann kann ich keine Bestzeit beim Marathon laufen. Basta. Entscheide dich!
Der Preis? Innerlich zerrissen …
Das mit der Balance klingt so sanft und menschlich, aber es ist in Wahrheit eine ganz gemeine Sache. Denn wenn uns in den Medien oder in der Werbung suggeriert wird, dass wir nur zu doof oder zu träge sind, die richtige Balance zu finden, um alles gleichzeitig zu schaffen, dann erzeugt das Schuldgefühle. Und die treiben uns weiter an: Alle schaffen das, nur ich nicht … das kann nicht sein … also weiter!
Der Preis, den wir dafür bezahlen, ist hoch: Nämlich das Gefühl, innerlich zerrissen zu sein.
Und das Ergebnis dieser ewig balancierenden Art von Nicht-Entscheiden hat einen Namen: STRESS.
Also: Du entscheidest!